Zu Besuch beim Maharaja

„Indien hat einen ganz eigenen Geruch, ihr werdet sehen“- diese Worte habe ich noch von Angelika im Kopf, einer jungen Schweizerin, die wir zufällig in Kathmandu, Nepal, beim Kauf eines Schals, kennengelernt haben. Aus dem überraschenden Zusammentreffen wurde später ein herrlich unterhaltsamer Abend im nächsten Restaurant, bei dem wir uns über unsere verschiedenen Reiseerfahrungen ausgetauscht haben. Angelika selbst war schon 3x in Indien, laut ihren Aussagen wollte sie bei den ersten beiden Malen bloß schnell wieder weg, erst ihr dritter Besuch in Varanasi brachte die ersehnte Liebe für dieses spezielle Land, in dem ihre Eltern zusammen für Mutter Theresa gearbeitet haben. Was für eine Geschichte, oder??? Diese Worte jedenfalls kommen uns in den Sinn, als wir in Mandawa, unserem ersten Stopp unserer Rajasthan-Rundreise, aus dem Hotel treten, um die Altstadt zu erkunden. Sofort weht uns ein zarter Duft aus Urin, Kot und Schweiß um die Nase. Mmhh, das also meinte Angelika. Naja, Augen zu und durch.

 

Unser Start in Indien sonst jedenfalls ist mehr als gelungen. Der erste Eindruck super. Es ist längst nicht sooo schmutzig, wie wir es uns vorgestellt hätten, keinesfalls schlimmer als in Nepal. Auch der Verkehr ist im Gegensatz zu Kathmandu erträglich. Nach unserer Landung in Delhi haben wir uns mit dem Taxi direkt ins Hotel bringen lassen, ganz ohne lästige erwartete Schlepperbanden am Flughafen. Das Hotel sauber, neu, das Personal freundlich, unser Zimmer wunderbar. Gestern Morgen hat uns nun unser Fahrer, Ajay, pünktlich um 9 Uhr vom Hotel abgeholt. Nach unseren schlechten Erfahrungen mit Zugreisen in Vietnam haben wir uns nach unseren entspannten Wochen in Nepal nun auch in Indien für einen Privatwagen mit Fahrer entschieden. Die richtige Entscheidung, wie wir noch merken werden. Wenn man Ajay mit einem Wort beschreiben kann, dann lautet das wohl „serviceorientiert“. Wir haben noch nie jemand so Bemühtes gesehen. Von der ersten Minute erzählt er uns praktisch ununterbrochen, dass ihm ausschließlich unser Wohl am Herzen liegt und er alles dafür tut, dass es uns gut geht. Sein Mantra: „If I give something good, I get something good. “ So sind wir von Delhi aus in Richtung Westen gestartet, 7 Stunden durch Felder, Dörfer, vorbei an Ziegenherden und vollbesetzten Überlandbussen. Gegen Abend erreichten wir endlich Mandawa und Ajay verpasste uns prompt ein tolles Hotelzimmer in einem altem Haveli, einem der besonders schön bemalten Kaufmannshäuser, die so typisch für Rajasthan sind. Die Räume sind vollgestopft mit Antiquitäten, die Wände verziert mit außergewöhnlichen Gemälden. Nach dem wir am Abend stilvoll im Garten gespeist haben, gibt es in einem der Innenhöfe noch wundervolles Puppentheater. Mit Marionetten führt ein alter Mann nur im Rhythmus einer Trommel ein bezauberndes kleines Stück auf. 

Unser Heritage Mandawa Haveli
Unser Heritage Mandawa Haveli

Am nächsten Morgen laufen wir zum naheliegenden Fort. Die Straßen von Mandawa sind voll von Havelis, jedes ist auf seine Art mit völlig verschiedenen Malereien geschmückt. Es ist eher wie ein Spaziergang durch ein Museum, am Straßenrand sitzen die Einheimischen und gehen ihren verschiedenen Handwerken nach. Besonders schön sind die Jootis, von Hand aus Kamelleder gefertigte Schuhe. Von Hand!!! Fasziniert beobachte ich einen alten Inder, der die Sohlen zuschneidet und diese fein säuberlich vernäht. Sein ganzes Geschäft ist eine einzige Fundgrube an reich verzierten Pantoffeln, mit Perlen, Stickereien, in Silber, Gold oder bunten Farben. Ein Paradies für Frauen (oder den kleinen Muck ;-)). Direkt neben dem Geschäft ein wunderschöner Tempel. Ich bekomme eine private Rundführung, der Sohn des Predigers ist auf Studienurlaub zu Hause und freut sich, sein Englisch aufpolieren zu können. Sagt er zumindest. Bis er mir dann doch wieder nur etwas verkaufen will. Die typisch indische Masche. Zum Glück komme ich so davon. Das Fort schließlich ist seit ein paar Jahren das nobelste Hotel am Platz. Hier kann man direkt neben dem Maharaja wohnen, stilvoll, in riesigen Suiten. Für 250 Rupie darf man auch als Nicht-Hotelgast durch die heiligen Hallen schreiten und ein netter Page öffnet mir so manche Tür, die ein normaler Hausgast sicherlich nicht betreten hätte dürfen. So darf ich selbst die Maharaja-Suite besichtigen, inklusive der angrenzenden riesigen Bäder. Es ist ein einziger Traum. Die Zimmer mit feinsten Stein-Ornamenten, riesigen Betten, Liegen, Kissen, zum Teil auf mehreren Etagen. Ich fühle mich in einen alten Orient-Film versetzt. Wer hier nächtigen darf, für den spielt Geld keine Rolle. Der Maharaja von Mandawa selbst kommt öfters von Jaipur in seinen Palast. Dann gibt es prunkvolle Feste im separierten Garten, geschmückt mit Oleander-bewachsenen Pavillons. Der Page führt mich auch zu den besonders schönen Wandmalereien. Diese haben er und seine 3 Kollegen in 2 Jahren von Hand restauriert. Ein wahres Meisterwerk. Erst zwei Stunden später trete ich wieder hinaus in die flirrende Mittagshitze. Ajay wartet, es geht heute noch weiter bis Bikaner.

 

Alle weiteren Pics unseres ersten Rundreise-Tages gibt es hier.

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